Für mich ist es eine berauschende Vorstellung keinen Müll mehr zu produzieren. Ich nutze diesen Planeten lediglich als Herberge und wenn ich sie verlasse, habe ich die Betten gemacht und durchgefegt. Niemand merkt, dass ich je da war. Geht es dir auch so?

Dieses Jahr habe ich nun zum ersten Mal eine verpackungsfreie Alternative ausprobiert, nämlich Hafermilch. Mittlerweile habe ich bestimmt über 100 Tetra Paks eingespart! Wenn du es auch ausprobieren möchtest, habe ich dir unten eine Anleitung verlinkt.

Ich gebe zu, es hat wirklich lange gedauert, bis ich diesen ersten Schritt getan habe. Dafür freue ich mich nun umso mehr, weitere Alternativen auszuprobieren.

Es heißt ja bekanntlich: Aller Anfang ist schwer – da stimme ich zu.

Umso mehr bewundere ich Vivian, die seit über vier Jahren ihren Zero Waste Lebensstil ausbaut. In diesem Artikel erzählt sie uns, wie sie den Anfang geschafft hat und wo sie nun steht.

Autorin: Sarah Stano | Passionierte: Vivian Klaassen

Vivian lebt seit 2016 Zero Waste und weitet diesen Lebensstil immer weiter aus.
Vivian lebt seit 2016 Zero Waste und weitet diesen Lebensstil immer weiter aus.

Warum hast du mit Zero Waste angefangen?

Bis vor vier Jahren habe ich wenig darauf geachtet, wie viel Müll ich produziere. Erst mit der Dokumentation Plastik Ocean hat sich schlagartig einiges in meinem Denken verändert. Mitten im Atlantik kreist eine Insel aus Müll und all die Wattestäbchen und Plastiktüten könnten auch von mir stammen.

Ich habe diese Bilder gesehen und wollte nicht dafür verantwortlich sein. Also fing ich nach und nach an, meinen Lebensstil zu verändern. Zero Waste klingt, als dürfte man gar keinen Müll mehr produzieren, aber so radikal ist es zum Glück nicht. Tatsächlich fängt man an, kleine Dinge zu verändern, wobei manche Leute im Badezimmer anfangen, andere in der Küche.

Ich persönlich habe als erstes auf Plastiktüten beim Einkaufen verzichtet und trinke nun Leitungswasser, anstatt abgefülltes Wasser zu kaufen. Wenn ich heute alles aufschreibe, was ich im Laufe der Zeit umgestellt habe, erhalte ich eine recht lange Liste. Damals hat es sich jedoch nach wenig angefühlt.

Ich finde, das ist eine wichtige Erkenntnis: man sollte nicht alles auf einmal umstellen, sondern nur Schritt für Schritt, um auch jedes Erfolgserlebnis zu sehen und zu feiern.

Gibt es Prinzipien, nach denen man sich richten kann?

Das hier sind die 5 R´s für einen Zero Waste Lebensstil. Vielleicht fällt dir beim Durchlesen schon auf, an welchen Stellen du selbst etwas verändern kannst:

1. Refuse/Rethink: wenn dir Werbegeschenke oder Flyer angeboten werden, lehne dankend ab und statte deinen Briefkasten mit einem Aufkleber aus, der zeigt, dass du keine Werbung möchtest.

2. Reduce: Verzichte wo es geht auf Plastik. Bringe zum Einkaufen z. Bsp. eigene Tüten mit, schaue, ob es das Produkt auch ohne Verpackung gibt (Obst & Gemüse z.B.)

3. Reuse: Tausche, leihe, repariere!

4. Recycle: Achte auf eine richtige Mülltrennung, damit soviele Materialien, wie möglich recyclet werden können!

5. Rot: kaufe Sachen natürlichen Ursprungs, die, wenn sie in der Natur landen sollten, schnell verotten!

Sobald man einmal damit angefangen ist, fällt es immer leichter verpackungsfreie einzukaufen! Auch Essen to-go kann man wunderbar in den eigenen Dosen abpacken lassen.

Wie oft gehst du shoppen?

Früher bin ich richtig gerne shoppen gegangen. Immer mal wieder sind Klamotten, Dekoartikel und Schreibwaren in meinem Einkaufswagen gelandet. Heute würde ich sie als Impulskäufe bezeichnen, die mir ein fünf-Minuten-High verschafften. Nachdem ich das eingesehen habe, begann ich die Dinge nach und nach Second-hand zu kaufen. Aber irgendwann hat es mich gestört, denn mein materieller Besitz hat weiterhin zugenommen und damit auch der Aufwand, all diese Dinge zu pflegen und zu hegen.

Ich habe also auf Pinterest und Instagram geschaut, welcher Stil mir gefällt und zu mir passt. Daraufhin habe ich alles andere aus meinem Kleiderschrank verbannt. Wenn mir heute ein Kleidungsstück gefällt, schaue ich, ob ich es irgendwo secondhand kaufen kann. Zum Beispiel bei Kleiderkreisel oder ubup. Meistens verfliegt aber das Bedürfnis „Das muss ich haben.“ genauso schnell wieder, wie es gekommen ist und im Endeffekt kaufe ich dann nichts.

Richtig froh war ich, als vor 2 Jahren direkt vor meiner Haustür ein Unverpacktladen aufgemacht hat. Das macht es nochmal viel einfacher, Plastik zu sparen. Was ich hier allerdings nicht bekomme, sind Ersatzprodukte für meine vegane Ernährung, aber dafür gehe ich gerne zusätzlich 1-2 Mal im Monat in einen Supermarkt.

Bummeln gehen macht Spaß, dennoch landen oft Sachen im Einkaufswagen, die man gar nicht benötigt. Zum Glück kann man es sich antrainieren, diese Sachen auch öfter wieder zurück ins Regal zu legen.

Siehst du bereits politische Veränderungen?

Tatsächlich sehe ich einige positive Entwicklungen, ja. Die Grünen bekommen mehr Zuwachs, was mir zeigt, dass den Leuten das Thema Umwelt immer wichtiger wird. Überall ploppen Unverpacktläden aus dem Boden. Bis 2021 ist Einwegplastik verboten. Sehr viele Unternehmen denken um. Rügenwalder Mühle hat 2019 zum ersten Mal mehr Umsatz mit Veggie-Produkten gemacht als mit Fleisch, mit dem sie jahrzehntelang ausschließlich gewirtschaftet haben.

Kritisch finde ich nur: Politik und Wirtschaft sehen, dass die Menschen etwas verändern wollen und schieben ihnen als Verbrauchern die Verantwortung zu. Wer nachhaltig leben will, muss auch darauf achten, welche Produkte er/sie kauft, denn die Nachfrage bestimmt das Angebot. Das Problem dabei: Menschen sind beruflich unterwegs oder haben einfach keinen Kopf dafür, sich ständig mit der Herstellung von Lebensmitteln zu beschäftigen. Hier finde ich muss die Politik den Willen zur Veränderung, der in der Bevölkerung herrscht, aufgreifen und mitziehen. Denn letztendlich liegt dort der große Hebel. Wir als Verbraucher können noch so viel Plastik einsparen, wenn sich das System nicht ändert, bringt das reichlich wenig.

Deswegen ist es sehr wichtig, dass wir alle weiter öffentlich Stimme zeigen, sei es beim Demonstrieren, Petitionen unterschreiben, Wählen oder durch Aktivismus auf sozialen Medien. Wir müssen eindeutige Zeichen setzen, denn es bekommen nur wenige mit, wenn du zu Hause Zero Waste lebst.

Wo holst du dir Unterstützung?

Zugegeben, bei dem Thema kann man leicht frustriert sein. Deshalb hat es mir sehr viel gebracht, mir Gleichgesinnte zu suchen. Ob im Freundeskreis, durch Coaches oder in Facebookgruppen. Für mich ist es ein Kanal, um Frust abzulassen, mir Meinungen einzuholen und ich empfinde es als ein ähnlich empowerndes Gefühl wie auf Demonstrationen. Alle halten zusammen und kämpfen für das gleiche Ziel.

Welchen Gedanken möchtest du den Lesern mitgeben?

Bei Zero Waste geht es nicht um Selbstoptimierung. Du musst nicht in jedem Lebensbereich müllfrei leben, um guten Gewissens morgens aus dem Haus zu gehen. Es geht darum sich selbst weiter zu entwickeln und im Endeffekt erfüllter zu leben. Außerdem bringt es viel mehr, wenn alle Menschen ein bisschen Müll vermeiden, anstatt ein paar wenige, die gar keinen produzieren. Deshalb sehe ich es auch als meinen größten Impact, wenn ich andere Leute dazu animiere, über ihre Konsumentscheidungen nachzudenken, wie im letzten Artikel.

Sarah: Zugegebenermaßen dachte ich immer, dass ich eh schon wenig konsumiere, denn zum Beispiel besteht mein halber Kleiderschrank aus second-hand Klamotten von Freunden. Trotzdem bin ich nie selbst auf die Idee gekommen, z. Bsp. über ubup gezielt zu suchen. Mich hat es auf jeden Fall sehr inspiriert mit Vivian zu reden und mal schauen, was ich noch alles umstellen werde.

Hier findest du noch ein paar Links für verpackungsfreie oder -arme Alternativen. Lass mich doch wissen, was dir davon am besten gefallen hat!

  • Tomatensoße selbst einkochen (Vorrat für den Winter)
  • selbst Boxen / Dosen mitbringen, wenn man Essen To-Go bestellt
  • Brotbeutel zum Bäcker mitnehmen
  • eigene(n) Trinkflasche / Kaffeebecher stets dabeihaben

Im nächsten Blogbeitrag erzählt uns Vivian von einem anderen Beispiel, wie man Leute auf die Müllproblematik aufmerksam macht. Ganz ohne ihnen lästige Parolen in den Kopf zu setzen, die sie eh sofort verdrängen. Denn wir dürfen nicht vergessen: In anderen Ländern sieht man zwar den Müll in jedem Straßengraben, aber Deutschland ist der drittgrößte Müllproduzent weltweit. Aber dazu mehr im nächsten Artikel.

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