Wie mache ich demenzkranke Menschen glücklich?

Eine wichtige Frage, denn demenzkranke Menschen werden oft auf ein Abstellgleis geschoben, weil man mit ihnen „nichts mehr anfangen kann“. Der richtige Umgang mit ihnen muss geübt sein, man kann viele Fehler begehen. Aber auch wenn sie in Pflegeheimen leben, sind sie immer noch Menschen, die als solche behandelt werden. Man muss sich immer fragen, was steckt hinter dieser Person, wer war sie früher?

Sobald du herausfindest, was sie früher begeistert hat, bist du einen guten Schritt weiter!

Dustins Geschichte zeigt uns heute, wie er genau das angestellt hat.

Autorin: Sarah Stano | Passionierter: Dustin aka. Dena

Wer war die Person früher, die all diese Bücher gelesen hat? Und wie hilft mir solches Wissen, demenzkranke Menschen glücklich zu machen?

Als Altenpfleger demenzkranke Menschen aktivieren

Ich gestehe, in der theoretischen Abschlussarbeit zum examinierten Altenpfleger habe ich nicht sonderlich gut abgeschnitten. Ich bin eher der praktische Typ und liebe es mich jeden Tag um meine Bewohner zu kümmern, mit ihnen zu scherzen und ihnen bei ihren alltäglichen Aufgaben zu helfen.

Vor der praktischen Prüfung war ich aufgeregt, da ich hier endlich zeigen konnte, was mich zu einem guten Altenpfleger macht. Zu der Prüfung gehörte es, eine Aktivierung mit einer meiner BewohnerInnen durchzuführen, sprich ihn oder sie aktiv etwas tun zu lassen. Ein paar Tage vor der Prüfung wurde mir eine Frau mit Demenzerkrankung namens Gabriele zugeteilt und aus ihrer Akte las ich, dass sie früher Akkordeon gespielt hatte.

Mir ist es wichtig auch demenzkranke Menschen glücklich zu sehen!

Wie hast du die Aktivierung vorbereitet?

Bei demenziell veränderten Menschen ist es schwierig einzuschätzen, was sie noch können. Doch Gabriele und ich haben eine Gemeinsamkeit. Wir lieben Musik. Akkordeon spielen und rappen ist zwar nicht das gleiche, aber ich war mir sicher, dass Musik etwas in Gabriele auslösen musste. Im Wohnbereich steht bei uns ein Klavier. Wenn ich ihr zur Prüfung etwas vorspielte, würde sie vielleicht auch ein paar Tasten drücken und dabei lächeln. Damit wäre meine Prüfung ein voller Erfolg.

Einen Tag vor der Prüfung führte ich Gabriele also zum Klavier und spielte ein paar einfache Kinderlieder, deren Text sie früher sicherlich wusste. Doch sie blieb stumm. Sie summte nicht, noch wippte sie im Takt. Ihre Finger blieben auf ihrem Schoß. Sie hatte offensichtlich keinen Bock. So viel zur gemeinsamen Liebe zur Musik.

Ich hatte keinen Plan B.

Wie hast du es trotzdem geschafft die Frau glücklich zu machen?

Sonst wusste ich nichts über die Frau. Die Musik war meine größte Chance gewesen. Deshalb blieb mir nicht viel übrig, als sie am Tag der Prüfung gemeinsam mit den Prüfern in den Wohnraum zu führen. Klar, ich pokerte hoch, schließlich war die Aktion vom Tag zuvor ein Reinfall gewesen, doch dieses Mal hoffte ich eine minikleine positive Reaktion aus Gabriele heraus zu kitzeln.

Ich wechselte meine Taktik

Die Prüfer setzten sich diskret in die Ecke des Raumes, während mich Gabriele aus großen Augen anstarrte und offensichtlich nicht zuordnen konnte, was gerade geschah. Als ich sie am Arm nahm, damit sie sich auf mich konzentrierte, wechselte ich meine Taktik:

„Hey Gabriele, du hast doch früher Akkordeon gespielt, wie ist denn das? Da drüben steht ein Klavier. Hast du Lust mit mir dahinzugehen, weil ich kann gar nichts. Kannst du mir was beibringen?“

„Na klar.“ Jetzt leitete Gabriele mich ans Klavier.

Ich wagte zu hoffen, es nun besser angestellt zu haben, immerhin war sie von selbst auf meinen Vorschlag eingestiegen. „Zeig mir doch mal was.“

Dann übernahm sie die Führung

Gabriele legte die Finger auf die Tastatur, als hätte sie die letzten Jahre nichts anderes gemacht. Sprachlos beobachtete ich, wie sie beide Hände über die Tastatur schweben ließ. Die Melodie von „Für Elise“ erfüllte das ganze Pflegeheim.

War das die Gabriele von gestern, die bockig wie ein Kind vor dem Klavier gesessen hatte? Schweigend genoss ich das Schauspiel. So vertieft wie sie in dem Moment war, schwelgte sie bestimmt in alten Erinnerungen. Das wollte ich ihr nicht nehmen. Als ich einen Blick zu meinem Prüfer warf, sah ich, wie er sich mit einem Taschentuch die Augen abtupfte.

Das was hier gerade ablief, bedeutete volle Punktzahl für mich. Check.

Gabriele drückte die letzte Taste und der Klang hallte noch lange nach. Beeindruckt lobte ich sie für ihren Auftritt und bat sie, mir auch etwas beizubringen. Ganz geduldig zeigte sie mir die Tasten für „Alle meine Entchen“.

Ich finde es unglaublich, was ich aus dieser Frau rausholte, indem ich meine Stellung aufgab und mich auf ihr Niveau begab. Ich machte ihr damit ein Geschenk. Ich schenkte ihr das Gefühl wichtig zu sein.

Sarah: Auf derselben Ebene kommunizieren, das ist extrem wichtig in der Altenpflege und bestimmt auch in vielen anderen Berufen. Die Geschichte zeigt, dass man auch demenzkranke Menschen glücklich machen kann. Bestimmt findet man bei jedem Patienten so einen Schalter, mit dem man ihn „aktivieren“ kann. Nachdem ich Dustin Geschichte aufgeschrieben habe, frage ich mich, was dieser Schalter wohl bei mir eines Tages sein könnte.

Wenn du mehr Idee für die Beschäftigung von Demenzkranken erhalten möchtest, finde ich diesen Artikel von der deutschen Seniorenbetreuung super!

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